Johannes Metzger Quartet feat. Benjamin Schaefer – How Far?
Ein Zeichen zum Zustand unserer unmittelbaren Umwelt. Stücke, die selbst von Anbeginn gefangen nehmen und wieder gehört werden möchten – mitten aus dem Eindruck der verwüsteten Umgebung des Harz, der Heimat von Johannes Metzger.
14.09.2023 Chemnitz, Weltecho Quartet
16.09.2023 Hildesheim, Kulturfabrik Quartet
17.09.2023 Jena, Villa Rosenthal Quartet
21.09.2023 Zig Zag, Berlin Quartet feat. Gwilym Simcock
24.09.2023 Dumont, Aachen Quartet feat. Benjamin Schaefer
27.09.2023 Fatjazz, Hamburg Quartet feat. Benjamin Schaefer
28.09.2023 Tangobrücke, Einbeck Quartet feat. Benjamin Schaefer
01.10.2023 Tonhalle Hannover Quartet feat. Benjamin Schaefer
24.11.2023 Kleve,Jazzfreunde Quartet feat. Benjamin Schaefer
25.11.2023 Mainz, M8 (JIM) Quartet feat. Benjamin Schaefer
Es reicht! Irgendwann ist mal genug! Der Berliner Schlagzeuger und Bandleader Johannes Metzger zählt zu den wenigen deutschen Jazzmusikern, die den Folgen einer seit Jahrzehnten verfehlten Umweltpolitik nicht weiter tatenlos zusehen und mit ihrer Musik ein Zeichen setzen wollen. Sein neues Album „How Far?“ ist ein gleichermaßen nachdenkendes, mahnendes und aufrüttelndes, aber zu keinem Zeitpunkt belehrendes oder bevormundendes Album über den Zustand unserer unmittelbaren Umwelt.
Schon auf seinem letzten Album, dem großformatigen „Orange Sky“, hat sich Metzger intensive Gedanken um die Folgen der Pandemie und des Lockdowns auf den Einzelnen und die Gesellschaft als Ganzes gemacht. Doch während er der zeitvergessenen Betrachtung des Himmels aus der Balkonperspektive und der daraus resultierenden allgemeinen Entschleunigung durchaus positive Aspekte abgewinnen konnte, gelingt ihm das bei „How Far?“ weniger. Der Impuls kam vor einigen Jahren während eines Besuchs seiner Familie im südlichen Harz. Wo er es einst liebte, durch Wälder zu wandern, fand er plötzlich nur noch totes Holz und Ödland. Er erkannte nicht einmal mehr die Wege seiner Kindheit und Jugend, weil er sich immer am Wald orientiert hatte. Doch der Wald ist nicht mehr da. Da wurde er sich bewusst, dass wir nicht auf die Philippinen, die Sahel-Zone oder die kalifornische Küste schauen müssen, wenn wir von Umweltkatastrophen reden, sondern dass der kaum noch aufzuhaltende Umbruch längst in unserer unmittelbaren Umgebung begonnen hat. „Wir nehmen die Veränderung unserer Umgebung erst dann wahr, wenn ein Stück aus unserem eigenen Leben amputiert wird“, findet Metzger und will diesen Zustand nicht länger hinnehmen. „Wir befinden uns als Künstler:innen in der privilegierten Position, dass die Menschen zu uns kommen und uns zuhören. Dieses Privileg will ich nutzen, um mehr zu tun, als nur meine Musik zu präsentieren. Stattdessen versuche ich, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.“
Johannes Metzger ist sich bewusst, dass Literatur, Film, Theater oder auch andere musikalische Genres wie HipHop oder Rock viel gezielter auf gesellschaftliche Missstände hinweisen können als instrumentaler Jazz. Trotzdem schiebt er diesen Umstand nicht vor, um sich wegzuducken. Er bringt ohne Umschweife zum Ausdruck, was ihn selbst umtreibt. Um sich verständlich zu machen, arbeitet er mit Stimmungen, die von fragend bis dystopisch reichen, und Strukturen, die nicht selten appellativ wirken.
Der Opener „Status Quo“ beginnt mit einem wütenden Gitarren-Intro, über das ein aufgeregtes Saxofon eilt. Der Song wirkt wie ein Weckruf. Hey Leute, das ist kein Schönspiel-Jazz, hier geht es nicht um raffinierte Chord Changes und ausgefuchste Bridges. Hier geht es um ein Statement. Zum Glück muss Johannes Metzger sein Anliegen nicht allein zu Gehör bringen, sondern kann auf seine bewährte Musikerfamilie mit Saxofonist Marc Doffey, Gitarrist Morten Duun Aarup und Bassist Fabian Timm zurückgreifen, mit denen er bereits 2022 das Album „Frames“ einspielte. Mit allen drei Musikern verbindet ihn seit dem gemeinsamen Studium am Jazz Institut Berlin eine enge Freundschaft, die keiner Erklärungen bedarf. Sie teilen seine Ansichten und Blickwinkel, waren vom ersten Grundgedanken in das Projekt involviert, und Bassist Fabian Timm hat sogar selbst zwei Kompositionen beigesteuert. Seit „Frames“ hat sich das Quartett individuell wie auch kollektiv enorm weiterentwickelt, was man nicht nur an den spielerischen Anteilen aller Musiker hört, sondern vielleicht sogar noch mehr an dem Engagement, mit dem sich alle zusammen in jede einzelne Sequenz reinhauen.
Fünfter Mann im Bunde ist der Kölner Pianist Benjamin Schaefer, der das Quartett und nicht zuletzt Metzgers eigene Intentionen kongenial ergänzt. Schaefer ist ein Meister des Klangfarbenauftrags. Der dem Drummer eigenen introvertierten Nachdenklichkeit setzt der fabulierfreudige Tastenmagier eine geradezu grenzenlose Verspieltheit entgegen, die auf den ersten Blick unbekümmert wirken mag, letztlich aber zu denselben Grundfragen führt, die auch Metzger umtreiben. Beide Erzählhaltungen verschmelzen zu einem musikalischen 3D-Panorama, das sich aus einer reichhaltigen Farbpalette bedient. „Benjamin hat intuitiv verstanden, wer wir als Band sind und was wir wollen“, freut sich Metzger. „Wir brauchten nichts zu erklären, sondern konnten sofort als bestehende Band loslegen.“ Diese Freude am gemeinsamen spontanen Gestalten hört man auf der Platte in jedem einzelnen Ton. Denn allen fünf Musikern ist gemein, dass sie nicht für sich, sondern für ihre Zuhörer spielen. Um sein Anliegen über das Album hinaus zu visualisieren und zu veranschaulichen, hat Metzger mit der gesamten Band auch einige Live-Videos mitten in der verwüsteten Umgebung des Harz aufgenommen.
„How Far?“ ist eine besondere Platte. Nicht, weil sie von großartigen Musikern gemacht wurde, die mit ihrem interaktiven und solistischen Spiel vom ersten bis zum letzten Ton überzeugen. Auch nicht, weil die Songs selbst von Anbeginn gefangen nehmen und man nach dem letzten Track sogleich das Bedürfnis verspürt, das komplette Album noch einmal zu hören. „How Far?“ ist eine besondere Platte, weil Johannes Metzger und seine Kompagnons überhaupt keine Wahl hatten, als genau diese und keine andere Musik zum jetzigen Zeitpunkt einzuspielen. Denn was gesagt werden muss, muss gesagt werden.
Hey!Jazz HJZ-023119 / LC30662 / 4251959803501 / Vertrieb: Hey!blau Records
VÖ: 22.9.2023
Live
14.09.2023 Chemnitz, Weltecho Quartet
16.09.2023 Hildesheim, Kulturfabrik Quartet
17.09.2023 Jena, Villa Rosenthal Quartet
21.09.2023 Zig Zag, Berlin Quartet feat. Gwilym Simcock
24.09.2023 Dumont, Aachen Quartet feat. Benjamin Schaefer
27.09.2023 Fatjazz, Hamburg Quartet feat. Benjamin Schaefer
28.09.2023 Tangobrücke, Einbeck Quartet feat. Benjamin Schaefer
01.10.2023 Tonhalle Hannover Quartet feat. Benjamin Schaefer
24.11.2023 Kleve,Jazzfreunde Quartet feat. Benjamin Schaefer
25.11.2023 Mainz, M8 (JIM) Quartet feat. Benjamin Schaefer