Johannes Enders - Mellowtonin

Johannes Enders – Mellowtonin                     Veröffentlichung: 3. Oktober 2014

(enja yellowbird / YEB 7748 / EAN 767522774825 / Vertrieb: Soulfood)

Johannes Enders steht gerne für ein Interview zur Verfügung

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Drei Jahre nach ‚Billy Rubin‘ legt Johannes Enders endlich mit seinem genialen Quartett nach: Er klingt wie ein Original in seiner inzwischen klassischen Phase; Musik zur Erdung im chaotischen Höher-Schneller-Weiter und ein tiefgründiges Abenteuer der Intimität, in dem das zutiefst Menschliche noch stets am besten aufgehoben und transzendiert ist.

Live:

18.09.2014        Landsberg         Stadttheater
19.09.2014        Weilheim           Musikschule
20.09.2014        Wien/A                Porgy & Bess
21.09.2014        Seefeld               Schloß
23.09.2014        Berlin                  A Trane            RBB Mitschnitt
24.09.2014        Traunreut          K1
25.09.2014        Dortmund          Domicil WDR Mitschnitt
26.09.2014        Bremen             Sendesaal Radio Bremen  Radio Mitschnitt
27.09.2014        Bielefeld           Bunker Ulmenwall
28.09.2014        Köln                   Stadtgarten
10.10.2014        Basel/CH          Basel Jazzschool Workshop
10.10.2014        Basel/CH          Birds Eye
11.10.2014        Basel/CH          Birds Eye
12.10.2014        Darmstadt         Stadtkirche
13.10.2014        Freiburg            Jazzkongress
14.10.2014        Leipzig               Horns Erben
15.10.2014        München           Haar     Theater
16.10.2014        Frankfurt           Jazzkeller        
17.10.2014        Backnang         Professor Pröbstl         
18.10.2014        Garmisch          Jazz Gap=

 In „Mellowtonin“, einer Wortschöpfung von Johannes Enders, die als Titel über der zweiten CD dieses Quartetts steht, schwingt Milde mit und die gedehnte Artikulation, mit der Billy Hart „me-lo-dy“ ausspricht. Auch Assoziationen an Melatonin scheinen auf, an das Hormon also, das den humanen Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Seine Produktion geschieht in Abhängigkeit vom Wechsel zwischen Licht und Dunkelheit. Mediziner haben Probleme damit, es nach Norm und Routine anzuwenden.

 Norm und Routine sind auch dieser Musik fremd, die in sechs konzentriert entspannten Stunden im Münchner Studio entstand und auf das grandios balladenhafte „Billy Rubin“ nun mehr Bewegung folgen lässt. In größerer Vielfalt werden die Stimmungen gemischt, auf einer breiteren Palette der Tag- und Nachtseiten, um im Bild zu bleiben. Doch weil es eine typische Enders-CD ist, geraten die Ereignisse auch dann nicht außer Kontrolle, wenn es aufregender wird. Nicht dass ihnen Spontaneität fehlen würde, im Gegenteil. Alles konzentriert sich um den Moment, um den Punkt des Jetzt, aus dem sich etwas entwickelt.

 Auf der Achse New York–Weilheim–Graz–Leipzig hat Johannes Enders seinen Tenorton individualisiert. In diesem, seinem bis dato wohl besten Quartett kommt er imponierend zum Tragen, schwingt sich empor und verschränkt sich mit einem schlüssigen Bandkonzept. Von Enders stammen alle Kompositionen, die Sonne atmen, naturnah sind oder wie in „Chomutov“ Klangbilder finden für eine Spurensuche im böhmischen Geburtsort des Vaters. 

 Allenthalben schimmern diverse Herkünfte und Sozialisationen durch diese austarierten Klänge. Doch Enders hat daraus seins destilliert. Spurenelemente amerikanischer Ahnen von Stan Getz bis John Coltrane schimmern ebenso durch wie das besonders mit Jean Paul Brodbeck geteilte Faible für eine vielleicht gar nicht so selige Hippiezeit. Doch Enders klingt nicht wie die Kopie irgendwelcher Vorbilder. Er klingt wie ein Original in seiner inzwischen klassischen Phase. Er klingt nach einer Ankunft als größtmögliches Resultat nach diversen Aufbrüchen. Diese unaufdringlich, ohne vordergründige Kraftmeierei und Eskapismus auskommende Milde klingt weise und wunderschön. Sie hat etwas Gravitätisches, das auf spirituelle Weise in sich ruht. Beseeltheit statt Norm und Routine, glutvolle Emotionalität statt anempfundener Dutzendware. Hier aufgeraute Idyllen, dort dringlich angezogenes Tempo, durchgehend getragen von faszinierender improvisatorischer Finesse, beiläufiger Power, Elastizität und Relevanz.

 In ihrer souveränen Unaufgeregtheit stemmt sich diese Musik gegen die Zeit und ihre Geister. Ihr elegantes Fließen ist ein probates Gegenmittel zu Zapping und Infotainment. Manchmal muss viel weniger passieren, um Räume zu schaffen, Spannung aufzubauen und sie zu halten. Dann wird Musik zum Trost im chaotischen Höher-Schneller-Weiter. Dieser Bandkosmos ist ein Glücksfall. Billy Hart, der mit seiner enormen Erfahrung jeden Moment aufladen kann mit Unverbrauchtem, Milan Nicholic mit seiner zuverlässig geerdeten Präsenz und Jean Paul Brodbeck, der das Trio zum Orchester macht. Im Zentrum steht der Gruppenklang, der aus der unbedingten Präsenz der Beteiligten resultiert. Der mündet in ein tiefgründiges Abenteuer der Intimität, in dem das zutiefst Menschliche noch stets am besten aufgehoben und transzendiert ist.

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