Klaus Schulze - Silhouettes

KLAUS SCHULZE – SILHOUETTES

Oblivion / SPV                   

 Veröffentlichung: 25. Mai 2018

 

Stärker noch als bei mehrköpfigen Bands ist die kreative Arbeit eines Solokünstlers die direkte, unverfälschte Reflektion auf das soeben Erlebte, ein Spiegel der Seele, die pure Reaktion auf die aktuellen Lebensumstände. Für den deutschen Elektronikmusiker, Komponisten und Produzenten Klaus Schulze galt diese Formel immer schon. Und auch wenn sich das immens große Quantum der von ihm eingespielten und veröffentlichten Alben kaum beziffern lässt – Fachleute schätzen die Zahl der Tonträger, auf denen Schulze zu hören ist, auf mindestens 200, eher 500 –, so ist sein neuestes Werk Silhouettes für den 70-Jährigen dennoch ein ganz besonderes.

Die vier Stücke der Scheibe entstanden von Sommer bis Herbst 2017 nach einer vorangegangen längeren Zeit, die – bedingt durch eine gesundheitliche Beeinträchtigung – sehr ruhig und dadurch streckenweise höchst meditativ verlief. Schulze: „Dadurch ergab sich automatisch eine Phase der Reflexion, des Rückblickens, des reinen Betrachtens. Nach einem 70. Geburtstag blickt man natürlich auch auf die Vergangenheit – und so ergibt sich eine Neuausrichtung, eine Wieder-Bewusstwerdung der wichtigen Dinge.“ Schulze bezeichnet die Musik auf Silhouettes als „Reduktion auf das Wesentliche“ und hat bewusst nur sehr spärlich mit Solistischem oder Vokalem gearbeitet. Er sagt: „Keine großen Ablenkungen, nichts zwingend Fokussierendes, keine großen Effekte oder Spielereien, kein Schnickschnack oder dominante Rhythmen. Es ging mir darum, in der Tiefe der Flächen, der Klangfelder der Spannung und der Stimmung die Bilder zu malen.“

Klangbilder, die durch ihre meditative Atmosphäre, ihre kompositorische Eleganz, ihr behutsames Vordringen in Weiten und Tiefen begeistern. „Wobei man sich so etwas nicht vorher vornimmt – es ergibt sich, wenn die Musik es so will und man zuhört, wohin die Reise gehen will“, beschreibt Schulze seine grundsätzliche Schaffensphilosophie. „Das wirkt dann auf den ersten Blick vielleicht  unspektakulär, aber wie bei einem Mikroskop oder auch einem kosmischen Fernrohr sollte das Augenscheinliche nicht unbedingt ausschlaggebend sein. Denn es gibt Ebenen in der Musik, die man fast greifen kann, die durch den Raum gehen – allerdings muss man den Krach im eigenen Kopf erst zur Ruhe kommen lassen, damit die Musik dahinter hörbar wird. Die kann dann ganz einfach sein und damit höchst komplex, je nachdem, wie weit man da hineingehen mag.“

Einzelne Stücke im Detail zu analysieren würde dem Gesamtphänomen Silhouettes sicherlich nicht gerecht, zumal die Titel ´Silhouettes`, ´Der lange Blick zurück`, ´Quae simplex` und ´Châteaux faits des vent` an sich schon genügend aussagekräftig sind. Um dennoch eine kurze Einschätzung zu geben: In der Ouvertüre ´Silhouettes` legt Schulze alles für eine epische Sinfonie zurecht, belässt es dann aber ganz bewusst bei Andeutungen, Schatten und verwehten Fragmenten, während die drei anderen Nummern mit den für ihn typischen Sequenzern ausgestattet sind. Ansonsten gilt für das gesamte Album das bewährte Motto des innovativen Künstlers: Let the music talk!

Geboren wurde Schulze am 4. August 1947 in Berlin. Er begann seine musikalische Laufbahn als Schlagzeuger, zunächst in der Amateurband Psy Free, dann bei den Berliner Sound-Avantgardisten Tangerine Dream, schließlich bei Ash Ra Tempel. Nach deren Debütalbum stieg Schulze aus und startete seine Solokarriere. Im Sommer 1971 richtete er sich im Schlafzimmer seiner Wohnung sein erstes kleines Tonstudio ein und nahm dort Teile seines Debüts Irrlicht auf, das im April 1972 in die Plattenläden kam und bis heute zahllose Nachfolger bekommen hat. Die Presse war von Beginn an begeistert, sprach vom „King Of Cosmic Music“, vom „Magier am großen Moog“ und bezeichnete seine Arbeit als „Monument einer Musik, die zukunftsweisend ist.“ Schulze selbst haben solche Attribute nie interessiert, er verfolgt einfach eine klare künstlerische Vision: „Für mich braucht ein Stück Zeit, bis es zu leben beginnt. Theoretisch könnte ich natürlich das, was man episch nennt, auf vier oder fünf Minuten herunterkürzen. Doch dann würde die Dramaturgie der Stücke komplett zusammenbrechen. Seit meinem Debütalbum habe ich meinen Kompositionen immer einen ausreichenden Zeitrahmen gegeben.“

 

 

TRACKS

Silhouettes * Der lange Blick zurück * Quae simplex * Châteaux faits des vent

 

 

ALBUM

neu: SILHOUETTES (VÖ: Mai 2018, Oblivion/SPV)