Martin Fabricius Trio - Under The Same Sky

Martin Fabricius Trio - Under  The  Same  Sky

 Berthold Records / EAN: 4250647318037 / Vertrieb: Cargo Records

 

Veröffentlichung: 19.10.2018

 

 „Wir sind viel in der Welt herumgereist, haben unter anderem Konzerte in China, Afrika, Dänemark, Schweden und Deutschland gegeben“, blickt der dänische Vibraphonist und Komponist Martin Fabricius auf eine ereignisreiche Tour zurück und ist überzeugt: „Musik enthält etwas, was Menschen überall auf der Welt miteinander verbindet.“

Fabricius, der taoistisches Tai Chi praktiziert und von dessen Philosophie beeinflusst ist, sieht alle Menschen – auf eine bestimmte Art und Weise – miteinander verbunden, sowohl körperlich als auch mental. „Wenn du eine Note spielst oder einen Ton singst, kannst du damit nicht nur Gegenstände in einem Raum in Schwingung versetzen, sondern auch Resonanzen zwischen Menschen erzeugen – völlig gleich, ob Jung oder Alt, ob aus Deutschland oder China.“

Mit seinen Landsleuten Andreas Markus (Kontrabass) und Jacob Hatholt (Schlagzeug) hat Fabricius Kompositionen entwickelt, die er als „ehrlich, geschmeidig und unaufdringlich“ beschreibt. „Einfache Stücke zu schreiben kann manchmal ganz schön schwierig sein“, gesteht Fabricius und gibt einen Einblick in sein Seelenleben. „Mein Ego will mich dazu verleiten, schnelle, komplexe Songs zu schreiben. Nach dem Motto: ‘schaut her, was ich kann!‘ Aber im Laufe der Jahre habe ich gelernt, solche Aufforderungen zu ignorieren und stattdessen Musik zu schreiben, die mich bewegt. Manchmal ist sie komplex, manchmal sehr einfach.“

 

Earth Song, zum Beispiel, ist ein Stück, in dem zunächst alles um einen einzigen Akkord kreist, ehe drei weitere hinzukommen. Seine Simplizität und der ruhige, funkige Charakter erinnern an die Musik der Ureinwohner Amerikas. Eine Beschreibung, mit der Fabricius zum Ausdruck bringt, dass sich dänische Folkmusik gar nicht so sehr von der amerikanischen Variante unterscheidet.

Morning Child ist eine Komposition, deren Namensfindung zunächst schwierig war. Eigentlich empfand Fabricius sie als eine Art Wiegenlied für Erwachsene. Aber irgendwie schien das unpassend. „Also fragten wir einfach das Publikum“, erinnert sich der Bandleader. „Einige Tage bevor die CD ins Presswerk ging, kam eine Frau zu uns auf die Bühne und erklärte, das Stück erinnere sie an den morgendlichen Trubel in einer Innenstadt. Wenn man sich dort mit seinem Fahrrad durch den Verkehr schiebt. Sie hatte recht. Es war kein Wiegenlied, sondern ein Morning Song. Vor einem Jahr bin ich zum ersten Mal Vater geworden und seitdem hat sich mein Tagesablauf komplett verändert. Ich war es gewohnt, lange zu schlafen. Jetzt wache ich schon sehr früh auf und werde dafür von meinem Sohn mit einem Lächeln belohnt. Er ist ein echter Wonneproppen, der schon am Morgen genauso viel Energie versprüht wie dieser Song.“

 

Ascension Day heißt – zumindest teilweise – so, weil es an Himmelfahrt entstand. Fabricius hat das Stück und das gesamte Album seinem Vater gewidmet. „Er war schon alt und verbrachte seinen Lebensabend in einem Pflegeheim. Jedes Mal, wenn ich ihn besuchte, fragte ich mich, ob ich ihn wohl zum letzten Mal sehen würde. Den Gedanken, Musik für ihn zu schreiben, hatte ich schon länger mit mir herumgetragen. Das Stück war nach 15 Minuten fertig. Ich weiß noch, wie ich dabei am Klavier saß und weinen musste.“ Der Song ist in Dur geschrieben und versprüht ein optimistisches, leichtes Flair. Wenn die Noten in immer höhere Tonlagen klettern und die Komposition schließlich in einem hohen Register endet, unterstreicht das den Eindruck einer Himmelfahrt. Fabricius‘ Vater verstarb im darauffolgenden Sommer.

 

Under the Same Sky enthält aber auch Erinnerungen an eine Bandreise nach Kamerun – festgehalten im Stück Little Africa. „Kamerun ist die perfekte Afrikaminiatur. Alles, was einem auf diesem Kontinent begegnet, begegnet einem auch in Kamerun. Regenwald, Flüsse, Savannen, Berge und das Meer. Deshalb wird es auch Kleinafrika genannt.“ Die Komposition entstand allerdings schon kurz vor der Reise – und drückt die Erwartungshaltung ihres Komponisten aus. Als das Trio in Kamerun gelandet war, entstand ein weiteres Stück, das zunächst keinen Titel hatte. „Bis eine Frau zu uns auf die Bühne kam und uns erzählte, dass ihr Geist ihren Körper in den Minuten verlassen habe, als wir es spielten. Also wurde daraus der Spirit Song.

 

Martin Fabricius hat lange darüber nachgedacht, welche musikalische Balance innerhalb des Trios herrschen soll. “Das Vibraphon ist ja kein besonders lautes Instrument. Als es erfunden wurde, hatten alle, die es spielten, zuvor Erfahrungen auf dem Xylophon gesammelt. Darauf hatten sie meistens ziemlich schnelles, beeindruckendes Zeug gespielt. Den ‘Hummelflug‘ zum Beispiel – mit verbundenen Augen. Wer an diesem Instrument überhaupt wahrgenommen werden wollte, musste kräftig auf die Plättchen schlagen, denn die Qualität der Mikrofone war damals noch sehr schlecht. Heutzutage ist unter jedem Plättchen ein kleines Mikrofon positioniert. so dass ich die Möglichkeit habe, mit mehr Ausdruck zu spielen. Ich kann sogar elektronische Effekte wie Loops und Delays einsetzen. So wird aus dem Vibraphon ein singendes, stimmähnliches Instrument.“

 

Ihr Tourkalender wird die Band zunächst nach Dänemark und Deutschland führen. Letztlich betrachtet das Trio aber die gesamte Welt als Spielplatz. So ist im Rahmen des dänischen Kulturförderprogramms „Danish Music in China“ auch eine Tour im Reich der Mitte und durch weitere Länder Asiens geplant.