Max Clouth Clan - Kamaloka
Max Clouth Clan – Kamaloka
L+R Records CDLR 580824 / 4003099580824 / Vertrieb: Bellaphon
Veröffentlichung: 20. April 2018
Der „Weltenvereiner“ (FAZ) Max Clouth und sein Clan spielen mit kraftvollen, zuweilen fast hymnischen Melodien, filmisch-atmosphärischen Klängen und markanten Themen. Westliche und indische Einflüsse verschmelzen zu einem charakteristischen Sound, dabei verbindet die Band durchdachte Strukturen und pointierte Improvisationen.
Max Clouth Clan - Kamaloka Tour
13.04.2018 Frankfurt,Jazz Montez
14.04.2018 Frankfurt Mousonturm- Max Clouth Clan with Strings
18.04.2018 Göppingen Jazz-IG
20.04.2018 Mannheim Orientalische Musikakademie
21.04.2018 Wiesbaden Kulturclub Biebrich
04.05.2018 Bad Marienburg Jazz We Can
05.05.2018 Frankfurt Nacht der Museen
06.05.2018 Rüsselsheim Das Rind
„Wir wollten einen Sound kreieren, der Bezug nimmt auf den Jazzrock der späten 70er Jahre, aber ins Jahr 2018 gebeamt. Mahavishnu Orchestra, Spectrum, auch Frank Zappa und Led Zeppelin sind Namen, die mir dazu einfallen“. Max Clouth
Ein Album wie ein Roadmovie. Die Protagonisten reisen in die Ferne und lassen sich auf Begegnungen ein; der Hauptdarsteller bleibt trotzdem stets mit einem Bein zuhause. Klingt paradox, trifft aber auf das neue, zweite Album von Max Clouth und seinem Clan zu. Verschiedene Facetten von „Kamaloka“ wurden in indischen Studios aufgenommen, also weit weg von der Basis des Quartetts aus Frankfurt. Gleichwohl ist der Subkontinent für Max Clouth, Jahrgang 1985, schon lange eine zweite Heimat. Von 2009 bis 2012 hat der Gitarrist und Komponist in Mumbai die Geheimnisse indischer Ragas studiert. Parallel dazu tauchte Clouth in die Mythen und realen Lebenswelten Indiens ein, lernte sogar seine Frau fürs Leben dort kennen. Zwar wohnen sie heute in Clouths Geburtsstadt Frankfurt, die Verbindungen zum Subkontinent bleiben naturgemäß eng, ob durch Familienbesuche, Konzertreisen oder Kooperationen mit dortige Musikern.
„Kamaloka“ ist in vieler Hinsicht ein klangvolles Manifest dieser gelebten West-Ost-Verbindung. „Wir wollten den speziellen Vibe einfangen, der sich auf Tournee einstellt“, erklärt Max Clouth, „in diesem riesigen Land Konzerte zu spielen bedeutet, jeden Tag in einer anderen Klimazone zu landen, von immer anderen Dialekten und Atmosphären umgeben zu sein, sich ständig neu orientieren zu müssen.“ Im November 2017 war Max Clouth mit dem Bollywood-Sänger Arijit Singh auf Tour, Konzerte mit dem angereisten Clan schlossen sich an. „Zwischen unseren Gigs in Neu Delhi, Bangalore und Goa sind wir in Studios geflitzt, die uns von unseren jeweiligen Gästen vorher empfohlen und reserviert wurden.“
Besagte Gäste vor Ort waren der Tabla-Virtuose Ishaan Ghosh aus Mumbai und die Sängerinnen Sriparnda Nandi und Varijashree Venugopal aus Delhi respektive Bangalore. Venugopals charismatische Stimme verzierte zuletzt auch eine Produktion des amerikanischen Star-Bassisten und fünfmaligen Grammy-Preisträgers Victor Wooten (Bela Fleck & The Flecktones u.a.). Zu den weiteren Gastmusikern auf „Kamaloka“ gehört Kosmopolit, Perkussionist und Klangkünstler Bernhard Schimpelsberger, der schon früher mit Clouth und ebenso mit Anoushka Shankar und Nitin Sawhney gearbeitet hat. Ein Streichtrio komplettiert das vielschichtige, bisweilen cinematische Klangpanorama des Albums.
Das sprunghafte Titelstück „Kamaloka“ erinnert mit schnellen harten Schnitten und einem offensiven Riff als Leitmotiv an die Hektik indischer Metropolen und hat bei manchen Hörern schon Assoziationen zu Frank Zappa geweckt. „Salt Lassi“ bleibt mit lässigem Groove und eingestreuten Elektro-Vignetten im urban-modernen Kontext, verbindet eine gewisse Lässigkeit mit latenter Spannung. „M.R.“ wirkt auch für westliche Ohren eingängig, gleichwohl basieren alle Melodien auf Ragas, wobei Clouth hier Traditionen aus Nord- und Südindien kombiniert und darüber hinaus auch ein wenig Sympathie für Pat Metheny anklingen lässt. „Delhi Jaipur Highway“ fängt die Stimmung einer heißen, sich über Kilometer kaum verändernden Landschaft ein, wo die Uhren still zu stehen oder zumindest halb so schnell zu gehen scheinen. „Hamsa-Soham“ adaptiert ein Mantra aus dem Kriya-Yoga, auch hier stammen alle Töne aus einer Raga. Das dynamische „Shyam“ schlägt mit Griffbrett-Sprints auf der Akustikgitarre sowie insistierenden und wirbelnden Drums Bögen zum Jazzrock; es erscheint am 23.3. vorab als Single und als Remix von DJ Kabuki, einem der Pioniere der Frankfurter Elektro-Szene. Das abschließende „Kirwani“ schließlich flirtet mit Reduktion und Repetition, gradlinigen Beats und offensiver Pop-Annäherung.
Der Clan versteht sich als Band, dennoch prägen Max Clouths variable Gitarreneinsätze den Sound des Quartetts. Neben einer gängigen Halbresonanz-Gitarre spielt er eigens für ihn gebaute akustische oder elektrische „Lotusgitarren“. Sie haben je einen Hals mit und ohne Bünde und zusätzliche Resonanzsaiten. Mit diesen Spezialanfertigungen kann sich Clouth der Ästhetik einer indischen Sarod oder arabischen Oud annähern.
„Es geht darum, eine zeitgenössische Instrumentalmusik zu kreieren, die Elemente der indischen Klassik in westliche Stilistik, speziell europäischen Jazz überführt“, umreißt Max Clouth seine Idee. Bei Jazz denkt er vor allem an „rauen, unprätentiösen Jazzrock der Siebziger.“ Als Wegweiser nennt Clouth an erster Stelle John McLaughlin und sein Mahavishnu Orchestra. Weiterhin auch Embryo, Jimi Hendrix oder die experimentierfreudigen früheren Pink Floyd. „Konzeptionell angelegte Musik, bei der sich eine Art Story als roter Faden durch das Album zieht, hat mich schon mit 15 fasziniert.“ Natürlich begeistert er sich bis heute auch für fingerfertige Rasanz, solange diese nicht zum Selbstzweck verkommt. „Ich finde Virtuosität interessant, wenn sie als Farbe eingesetzt wird, ähnlich wie ungewöhnliche Harmonien oder elektronische Effekte.“
„Große Teile des Repertoires haben wir vor den Aufnahmen intensiv live gespielt“, erklärt Clouth, „dabei haben wir Sounds, Texturen und die Dynamik der Stücke immer schärfer herausgearbeitet.“ Schlagzeuger Martin Standke gehört zu den Gründungsmitgliedern des Clans, vor gut drei Jahren kam Bassist Markus Wach dazu, 2016 der aus der Russland stammende Pianist und Keyboarder Andrey Shabashev. „Die Musik entwickelt sich letztlich organisch aus unserem Zusammenspiel“, hält Komponist Clouth fest, „deswegen tragen die Ideen aller maßgeblich zur endgültigen Form der Stücke bei.“ Shabashevs Voicings und Effekte und Standkes mal hitzige, mal coole Patterns sind eine Qualität an sich, ebenso Wachs melodischer Ton, feines Bogenspiel und an arabischer Musik geschulter Rhythmik.
Die musikalische Reise des Max Clouth Clans führt Zuhörer an viele Orte und weckt unterschiedlichste Erinnerungen. Der Albumtitel „Kamaloka“ ist ein Wort aus dem Sanskrit; als Begriff steht es für die Entfernung von allem Materiellen nach dem Ableben. Seit Jahren beschäftigt sich Clouth mit spirituellen Konzepten, speziell der Theosophie, umso intensiver nach dem Tod eines nahen Familienmitglieds. Der schmerzhafte Verlust, die Erkenntnis der Vergänglichkeit sowie Reflexionen über die eigene Abhängigkeit von materiellen Reizen flossen letztlich auch in die Musik ein. Mit „Kamaloka“ präsentieren Max Clouth und sein Clan ein kluges und lebendiges Album, das Leichtigkeit und tiefgründige Aspekte vereint. Europäische und indische Stilistik, akustische und elektronische Facetten fusionieren zu einem sehr persönlichen und ebenso globalen Sound.