Vogelperspektive Vol. 5
VOGELPERSPEKTIVE - VOL.5 Solo, Duo, Trio
Feat. Peter Madsen, Jon Irabagon, Kevin Shea, Norbert Mayer, Lucien Dubuis u.v.a
Veröffentlichung: 28. Juni 2013
Boomslang Records, www.traps.at/boomslang / Amazon und digital
Mit „Vogelperspektive, Vol. 5“ findet ein Zyklus, der als solcher gar nicht geplant war, nun seinen würdigen Abschluss.
Jazz ist urbane Musik, sagt man. Ohne Frage: Jazz gewinnt Kraft aus dem Pulsieren städtischen Lebens, gewinnt Energien durch den ständigen Austausch der Individuen, die in den Metropolen nach musikalischem Glück suchen.
Auch Alfred Vogel hat kurz mal mit dem Gedanken geliebäugelt, sich in einer der Jazz-Hochburgen niederzulassen - um direkt dran zu sein am Geschehen. Und dann hat er sich doch für die Provinz entschieden, für das beschauliche, heimatliche Bezau im Bregenzer Wald, für sein Heim-Studio.
Wer die Außen- oder Vogelperspektive wahrt, der kann in Ruhe aus der Distanz beobachten und dann eingreifen und zuschlagen, wenn der richtige Moment gekommen ist. Wer in Vogels Ohren musikalisch etwas Besonderes anzubieten hat, wer eine Saite in ihm zum Schwingen bringt, den lädt er zu sich ein ins Idyll, entweder zum Festival „Bezau Beatz“, das der Schlagzeuger, Percussionist, Multi-Instrumentalist, Produzent und Label-Betreiber (Boomslang Records) seit einigen Jahren ausrichtet - oder zu sich ins Studio, wo die fünf Teile der „Vogelperspektive“ entstanden.
Was er mit all seinen mitgeschnittenen „Heim“-Sessions machen sollte, war Vogel eigentlich lange nicht klar. Sie der Öffentlichkeit vorzuenthalten, wäre allerdings ein großes Versäumnis, eine Sünde gewesen. So entschied er sich, aus den Aufnahmen den fünfteiligen Zyklus „Vogelperspektive“ zu extrahieren. Vol. 1 stellte zunächst einige der Bands und Begegnungen vor, die in Bezau entstanden. Vol. 2 widmete sich dem Western-Melodie-Project „Die Glorreichen Sieben“ (mit Kalle Kalima, Flo Götte, Christian Lillinger), Vol. 3 blieb der „Blues“-Band „Jim Crow“ (mit Simon Frick, Lucas Dietrich) vorbehalten und Vol. 4 stellte die Gruppe „Intensivstation“ (mit John Schröder, Wolfgang Zwiauer) in den Fokus.
Vol. 5 steht nun unter dem Motto „Solo, Duo, Trio“. So lockte Alfred Vogel etwa die „Mostly Other People Do The Killing“-Mitglieder Jon Irabagon (Saxofon) und Kevin Shea (Schlagzeug) zu intensiven improvisatorischen Zwiegesprächen nach Bezau. Mit einer der zentralen Figuren der Vorarlberger Szene, dem Pianisten Peter Madsen am Rhodes und dem Trompeter Herbert Walser tauscht sich der Schlagzeuger beim spacigen „Kaffeekränzchen“ wirkungsvoll aus. „Heimatklänge“ kommen im Projekt „ÜÜ“ zum Tragen – in dem Alfred Vogel die zum Teil im „Bregenzwälder Dialekt“ gehaltenen Worte des prämierten Mundart-Poeten Norbert Mayer mit instrumentalen Mitteln kommentiert, unterstreicht, akzentuiert. Fast etwas verwunschen, nach mysthischen Klängen aus dem Bregenzer Wald tönt das Trio mit den Geigern Andreas Schreiber und Angelika Hagen. Und richtig derbe zur Sache geht es im Trio „Hang Em High“ mit dem Polen Bond am „2 String Slide Bass“ und dem Schweizer Lucien Dubuis an Tenorsax, Bass- und Kontrabassklarinette - bis dieser eben noch so erfrischend ruppige Dreier mit einer entrückten Ballade dem Ende dieses Albums entgegen schwebt.
Was Alfred Vogel und seine Spielgefährten auf „Vogelperspektive, Vol. 5, aber auch auf den vorangegangenen Teilen dieses Zyklus treiben, ist freie Musik, die aber nicht den Dogmen des Free Jazz folgt. Oft gelingen den Beteiligten soghafte Improvisationen von unverstelltem, fast archaischem Charakter. Da kann man sich nur wünschen: es möge bald ein neuer Zyklus folgen.