Andreas Hinterseher – Stay away and play!

Seit über zwanzig Jahren ist Andreas Hinterseher mit Quadro Nuevo auf Tour. Vom kleinen Jazzclub bis hin zu den großen Konzerthäusern, vom intimen Quartett Konzert mit den drei Freunden zum großen Auftritt mit voll besetztem Orchester.

Spannend und voller Herausforderungen. Im Gepäck Akkordeon, Bandoneon und Vibrandoneon, eine edle Form der Melodika. Hotel, Garderobe, Bühne, Autobahn, Studio. Rastlose aber lustvolle Jahre, voller schöner Momente auf der Bühne, voller inspirierender Reisen und Begegnungen mit besonderen Menschen.  Bis zum März 2020. Plötzlich ist Quarantäne, Auftrittsverbot, Lockdown – Stille…. …und aus der Stille tönt Musik.

Das Studio im heimatlichen Fischbachau, bisher hauptsächlich dafür verwendet, um schnell ein neues Programm zu üben oder Stücke zu komponieren, war plötzlich das alleinige Zentrum kreativen Schaffens. Ein Flügel, eine Trompete, ein Schlagzeug und das Akkordeon. Dazu noch alle Zeit der Welt, vollkommen ungestört von allen Unterbrechungen. Ein paar Mikrofone, und so wurde aus dem anfangs unbeschwerten Zeitvertreib sehr schnell eine kleine Band. Allerdings eine Band ohne Bass. Und so öffnete Andreas Hinterseher – in dieser Zeit ein einziges Mal – seine Geldbörse und besorgte kurzerhand einen E-Bass. Zeit zum Üben war genügend vorhanden und die neue Band – bestehend aus nur einer Person – konnte jeden letzten Freitag im Monat ein neues Stück veröffentlichen. Vom intimen Duo Akkordeon-Trompete bis zur großen Latin Big-Band. Vom Piazzolla inspirierten Tango bis zu wehmütigen Sehnsuchtsliedern nach dem Meer und nach der Freiheit.

Ein völlig anderes Leben, aber nichtsdestotrotz in höchstem Maße erfüllend, inspirierend und lehrreich. Stay Away And Play, La Nostalgia per il Mare, Suenos de Buenos Aires, die wehmütigen Erinnerungen an eine längst vergangene Reise in die Stadt des Tango. Zurückgeworfen auf sich selbst und auf die Instrumente im Keller machte sich Andreas Hinterseher auf den Weg, seine eigene Musik herauszuschälen aus den Erfahrungen der vielen Jahre auf Tour, die Krise zu nutzen, um einen großen, kreativen Schritt zu tun. Doch war er in der Einsamkeit des Exils vom Leben draußen nicht alleine. Überall auf der Welt wurden die Musiker in die eigenen vier Wände verbannt, nirgendwo wurde mehr öffentlich gespielt, nirgendwo standen Menschen als Band zusammen auf der Bühne.

Und so taten sie sich zusammen in der digitalen Welt.  Mateo Stoneman, ein wunderbarer Latino-Sänger aus Los Angeles, dazu Jorge Chicoy, ehemals Gitarrist des großen Arturo Sandoval. Und Enrique Lazaga an den Maracas, einer der großen Legenden der Kubanischen Musik, Mitglied des Buena Vista Social Clubs. Helena Goldt, die ausdrucksstarke Sängerin aus Kasachstan, aufgewachsen in Franken und nun in Berlin beheimatet. Katie Barlas, die Geigerin mit ganz viel russischer Seele. Und die langjährige Freundin Tanja Conrad an der Geige. Schon oft sind sie sich begegnet, Quadro Nuevo mit Streichquartett, Quadro Nuevo mit dem Münchner Rundfunkorchester oder mit den Münchner Symphonikern. Mit ihr, deren Vater aus Argentinien stammt, entstand “El ultimo Tango en Cuarentena”, der letzte Tango in Quarantäne. Oder Chrisa Lazariotou, eine Sängerin aus Griechenland mit der griechischen Laute, der Lavta. Mit ihr spielte er ein altes Stück klassischer türkischer Musik ein.

Stay Away And Play ist das Ergebnis aus eineinhalb Jahren Pandemie, der kreative Ausweg aus einer eigentlich existenziellen Katastrophe.  Alle Energie vom Jammern abgezogen und auf dem Nährboden einer reinen und vollkommen zum Stillstand gekommenen Situation in das gesteckt, was uns als Mensch zu allen Zeiten Kraft gegeben hat: In die Musik.