Athina Kontou Mother – Tzivaeri
„Athina Kontou ist mit ihrer phänomenalen Band ein sehr stimmungsvolles Debütalbum mit einem ganz besonderen Blickwinkel gelungen.“
Angela Ballhorn, Jazzthetik 09/10 2022
„Athina Kontou ist gleich mit ihrem ersten Album als Bandleaderin ein Meisterwerk geglückt. Die auch in der griechischen Musik angelegten Möglichkeiten der Improvisation verbindet sie ganz organisch mit dem Spielgestus des Jazz. Und durch die Einbeziehung griechischer Gastmusiker an Oud und Laute wird der Klang noch authentischer. Athina Kontou hat mit diesem Album in Sachen Weltmusik und Ethnojazz auf sehr feinsinnige Weise neues Terrain erschlossen.“
BR24 Bernhard Jugel, 12.9.22
„Ein fantastisches Album.“
Ulrich Stock, Die ZEIT, 13.10.22
Griechisch geprägter Jazz:
Die Kölner Bassistin Athina Kontou demonstriert auf ihrer Debütplatte eindrucksvoll, wie willkürlich und überflüssig geografische, kulturelle oder traditionelle Demarkationslinien sind. Ihre Musik ist eine große Einladung an alle, die einfach ohne Vorbehalt hören und staunen wollen.
Der Name Athina Kontou steht seit geraumer Zeit für ein tiefes Verständnis der Entfesselungskräfte von Musik. Bisher war die Bassistin mit dem erdigen Ton in ganz unterschiedlichen Kontexten, zum Beispiel an der Seite der Saxofonistin Luise Volkmann oder des Pianisten Johannes Bigge zu hören. Mit ihrem Debüt „Tzivaeri“ setzt die Deutschgriechin nun eigene Akzente und präsentiert ein Album mit Bearbeitungen von Stücken aus der griechischen Musikkultur.
Der Titelsong des Albums ist ein sehr bekanntes Volkslied vom Dodekanes, in dem es, wie in so vielen traditionellen griechischen Liedern, um Auswanderung geht – Ein Thema das die neuere griechische Geschichte durchdringt. Es ist das Trauerlied einer Mutter, die ihr Kind vermisst. Die Mutter spricht in ihrem Gesang zu ihrem Kind, das sie selbst in die Emigration schicken musste, damit es ein besseres Leben führen kann. „Tzivaeri mou“ bedeutet in der von vielen Kulturen geprägten lokalen griechischen Sprache „mein Schatz“.
Es ist Athina Kontou ein wichtiges persönliches Anliegen, ihre Erfahrungen als improvisierende Musikerin in einem von Jazz geprägten Umfeld mit den Wurzeln ihres griechischen Hintergrunds zu verbinden. Griechisch geprägter Jazz kommt hierzulande viel seltener an als beispielsweise Fusionen von Jazz mit lateinamerikanischer und arabischer Musik oder Balkanklängen. Umso größere Spielräume hat die in Köln lebende Bassistin, für ihr Album individuelle Scharniere zu finden, die sich gängigen Formeln entziehen. Zwar mögen Jazz und griechische Musik auf den ersten Blick recht weit auseinander liegen, doch Athina Kontou ist in beide Traditionen organisch hineingewachsen. „Improvisation ist ein wichtiger Bestandteil traditioneller griechischer Musik“, erzählt sie. „Das gilt sowohl für urbane Musik wie das Rebetiko als auch für Volkslieder und -tänze. Vor allem in langen Intros vom Bouzouki oder der Klarinette. Das Intro von ‚Harmandali’ auf der Platte ist beispielsweise ganz traditionell gespielt.
Um sich auf „Tzivaeri“ vorzubereiten, hat sich Athina Kontou auf eine lange Reise begeben. Die Auseinandersetzung mit ihren familiären Wurzeln erfolgte nicht nur auf künstlerischem Level, sondern ging vor allem auch mit einer sehr persönlichen Hinterfragung ihrer Identität einher. Durch diesen Prozess gewann sie die Souveränität, die den originären Zugangswinkel für die künstlerische Auseinandersetzung ermöglichte. Aus der Sicherheit der eigenen Selbstfindung heraus verlieh sie dem Projekt „Mother“ immer deutlichere Konturen. Jede Antwort ergab eine neue Frage. Der Prozess dauert bis heute an.
Eine notwendige Voraussetzung für die Umsetzung ihrer Ideen waren musikalische WegbegleiterInnen mit der Bereitschaft, sich vorbehaltlos auf besagten Weg einzulassen und mit dieser Art von Musik auseinanderzusetzen. Athina Kontous Erzähllust war viel zu groß, als dass es gereicht hätte, ihren Kompagnons Noten hinzulegen, die diese einfach gespielt hätten. Stattdessen setzte sie eine intensive Beschäftigung mit dem Material und dessen Hintergrund voraus. Diese Intensität übersetzt sich auf „Tzivaeri“ unmittelbar in ein kollektives Klangerlebnis, das beim Hören überhaupt keiner Erklärung mehr bedarf. Die ergreifende emotionale und formale Schönheit der Songs spricht für sich.
Die Basisformation des Albums ist das Jazz-Quartett „Mother“ mit ihrer langjährigen musikalischen Partnerin Luise Volkmann an Sopran- und Altsaxofon, dem Pianisten Lucas Leidinger und Drummer Dominik Mahnig. Der Bass durchdringt dauerhaft die Erdkruste, das Saxofon enteilt in die Stratosphäre, Klavier und Schlagzeug halten Himmel und Erde zusammen. So werden die Melodien physisch greifbar, transformieren sich in Bewegungen, Imaginationen und Erinnerungen. Die Bildhaftigkeit der Interpretationen ist in jedem Song erneut so verblüffend, dass man sie sich am liebsten als Postkarten an die Wand heften will. In einigen Stücken kommen als Gäste der Oud- und Bouzouki-Spieler Epaminondas Ladas sowie Koray Berat Sari auf der Lavta hinzu.
„Die griechische Musik kommt nicht ohne Saiteninstrumente aus. Ich verspürte den Wunsch, mit einem Jazzquartett zu spielen. Das Sopransaxofon erschien mir als ideale Brücke zwischen der Klarinette, die oft in der traditionellen Musik vorkommt, und dem Signatur-Sound des Jazz. Die minimale Präparierung des Flügels ist eine Art Reminiszenz an die typischen Saitenklänge der griechischen Musik. Mit den beiden Gästen auf den Saiteninstrumenten verschmelzen wir aber zu einer festen Einheit ohne Brüche.“
Bei aller Auseinandersetzung mit ihren Wurzeln war die Arbeit an „Tzivaeri“ für Athina Kontou auch eine Entdeckungsreise. Die Songs des Albums sind ausnahmslos Bestandteile der griechischen Musikkultur. Einige sind traditionelle Songs, andere sind populäre Lieder zeitgenössischer Komponisten, unter anderem von Nikos Xydakis. Bei der näheren Beschäftigung mit dem Quellen stellte die Bassistin aber fest, dass einige Songs armenische oder türkische Wurzeln haben. „Das Repertoire waren zuerst vor allem Lieder, die mir etwas bedeuten, die mich seit meiner Kindheit begleiten. Bei meiner Recherche stellte ich dann aber fest, dass zum Beispiel armenische Volkslieder dabei sind, die sich aufgrund von Interpretationen mit griechischem Text in Griechenland großer Beliebtheit erfreuen. Und der türkische Tanz ‚Harmandali’ wird ebenfalls in Griechenland gespielt.“
Die Songs auf „Tzivaeri“ entfalten nicht nur eine einnehmende und überwältigende Wirkung, die die Eindeutigkeit des Raumes und die Unumkehrbarkeit der Zeit aufzuheben scheinen. Athina Kontou demonstriert auf ihrer Debütplatte eindrucksvoll, wie willkürlich und überflüssig geografische, kulturelle oder traditionelle Demarkationslinien sind. Ihre Musik ist eine große Einladung an alle, die einfach ohne Vorbehalt hören und staunen wollen.
Luise Volkmann, Saxofon
Lucas Leidinger, Piano
Athina Kontou, Bass
Dominik Mahnig, Schlagzeug
Gast für Köln: Koray Berat Sari, Lavta
nWog Rec 046 / LC 77779 / 0042706597644 / Vertrieb: Indigo
Album VÖ war : 22.08.2022
LIVE
11.01.2023 Augsburg Jazzclub
12.01.2023 München Unterfahrt
13.01.2023 Köln Stadtgarten (+ Koray Berat Sari an der Lavta)
Luise Volkmann, Saxofon
Lucas Leidinger, Piano
Athina Kontou, Bass
Dominik Mahnig, Schlagzeug
Gast für Köln: Koray Berat Sari, Lavta