20 Jahre Jazz thing und 100. Ausgabe am 29.8.13
„Das Mutterschiff hat nie geschwächelt“
20 Jahre und 100 Ausgaben Jazz thing
Die Zeitschrift für weltoffene Musikliebhaber von heute existiert seit 20 Jahren und gibt die 100. Ausgabe heraus.
Rückblick und Ausblick von Axel Stinshoff, Herausgeber und Chefredakteur, der auch für ein Interview zur Verfügung steht.
„20 Jahre Jazz thing“: Zeit für einen Rückblick – und auch für den einen oder anderen Ausblick… Zuerst einmal: Ich freue mich, dass es uns (immer noch) gibt. Und dass das Team, das dieses kleine, aber feine Magazin seit 20 Jahren und 100 Ausgaben produziert, im Kern dasselbe geblieben ist. Am allermeisten freut es mich aber, dass das Konzept, eine Jazz-Zeitschrift mit Blick über den Tellerrand zu machen, über diese lange Zeit tragen konnte – und weiter trägt. Das war nicht unbedingt zu erwarten. Das Wort „Zeitschriftensterben“ gab es damals zwar noch nicht, aber eine neue Zeitschrift für ein Nischenthema wie Jazz zu gründen, erschien dem einen oder anderen meiner Freunde und Kollegen damals doch reichlich wagemutig. Angestachelt von Phänomenen wie „Acid Jazz“ wollten wir es aber einfach wagen: eine Jazz-Zeitschrift zu gründen, wie es sie auf dem Markt damals noch nicht gab – modern, lebendig, neugierig, facettenreich und weltoffen.
Die Veränderungen, Anpassungen, Neuerungen und Erweiterungen, die immer wieder nötig waren, weil sich die Szene, die Branche und die Leser-Erwartungen natürlich auch in diesen zwei Jahrzehnten weiterentwickelt haben, haben nichts von der Substanz genommen. Wir mussten uns nie „verbiegen“, und im Grunde waren alle „Beiboote“ (Website, Blue Rhythm, Jazzthing.TV, „Jazz thing Next Generation“, „American Jazz Heroes“, Facebook-Fanpage) zwar schöne Sortiments-Erweiterungen, aber das Mutterschiff blieb das Mutterschiff und hat über all die Jahre nie geschwächelt – weder konzeptionell noch kommerziell. Heute stehen wir als die Musik-Zeitschrift mit dem höchsten Anzeigenvolumen (und überdies ausschließlich von Branchen-Vertretern, nicht von Versicherungskonzernen, Softdrink-Herstellern o.Ä. getragen) und einer konstanten Auflage (mind. 26.000) da.
Die Beiboote sind gleichzeitig ein wichtiger Teil dessen, was uns von anderen Jazzmedien unterscheidet, und auch wenn im Herzen des Verlegers noch das Print-Primat gilt, so ist auch ihm klar, dass die Inhalte auf Dauer auf unterschiedlichen Kanälen kommuniziert werden müssen – denn man muss die Leserschaft halt dort ansprechen, wo sie sich tummelt. Das gelingt uns mit der momentan gezeigten Balance ganz gut, glaube ich: viele zusätzliche Angebote, ohne das Mutterschiff überflüssig zu machen und damit zu versenken.
Die Bäume wachsen für gedruckte Musikzeitschriften nicht mehr in den Himmel. Die Nische, die man gefunden und definiert hat, muss man so gut wie möglich, und das heißt: so nah am Publikum wie möglich, ausfüllen. Dazu gehört auch, sich zunehmend unabhängig von den inhaltlichen Branchen-Erwartungen zu machen, in die Szene und eigene Themen zu investieren und sie dort selbst „aufzubauen“, wo sie uns nicht wohlfeil von Plattenfirmen auf dem Silberteller präsentiert werden. Die mit dem Kölner Label Double Moon vor zehn Jahren ins Leben gerufene Nachwuchs-CD-Reihe „Jazz thing Next Generation“ und Reihen wie „American Jazz Heroes“ sind Beispiele hierfür. Das alles kostet Geld, Mühe und Geduld, hebt uns aber von den Medien ab, die sich auf die übliche „Service-Berichterstattung“ beschränken.
Im neuen Heft, der Jubiläumsausgabe Nr. 100, zeigt sich das erneut: Der Start der Serie „European Jazz Legends" greift das Erfolgskonzept der „American Jazz Heroes“ auf, erweitert es aber gleichzeitig um Roundtable-Gespräche (in der 1. Folge mit Kenny Wheeler und John Taylor) und öffnet es auch gegenüber der „Champions League“ der europäischen Jazzmusiker, die wir bei den „American Jazz Heroes“ noch weitgehend ausgespart haben. Im Themen-Dossier „20 Jahre Jazz thing“ betreiben wir keine selbstverliebte Nabelschau mit den schönsten Artikeln, Charts oder Ereignissen dieser Zeit, sondern haben zehn Autoren, z.T. prominente Gäste wie ACT-Chef Siggi Loch, gebeten, sich Gedanken über die wichtigsten Entwicklungen im Jazz der letzten zwei Jahrzehnte zu machen – eine Rückschau mit gleichzeitigem Ausblick nach vorne.
Wir führen bei uns zudem eine neue Serie ein, die unsere Verbundenheit zur Jazztradition zeigt, einen Blindfold-Test, ein von Leonard Feather einst erfundenes und von vielen kopiertes Format, aber stets beliebt und für viele immer der „first read“ im Down Beat – unsere Version des Klassikers heißt „What’s That Sound?“. Die Kolumne „homegrown“ wird erweitert um „homegrown international“, den Tatsachen Rechnung tragend, dass immer mehr Musiker den Weg der Selbstvermarktung abseits von großen Labels gehen und deren CDs teilweise genauso Aufmerksamkeit verdienen wie die Veröffentlichungen der Jazzlabels.
Und es gibt neue Gestaltungsmerkmale – mehr illustrative Elemente, eine andere, foto-freundlichere Gestaltung des Intro-Teils und eine lesefreundlichere Typo.
Jazz ist Entwicklung – und deshalb entwickelt sich auch Jazz thing immer weiter. Wir sind gespannt, wie es weitergeht…
Jazz thing # 100 erscheint am 29. August 2013
Das Mutterschiff
Die deutsche Jazz-Zeitschrift Jazz thing erscheint seit November 1993 fünfmal jährlich (November/Dezember/Januar, Februar/März, April/Mai, Juni/Juli/August, September/Oktober) und wird in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden vertrieben. Mit einer Druckauflage von 26.000 bis 30.000 Exemplaren ist sie das auflagenstärkste Jazzperiodikum in Europa.
Herausgeber und Chefredakteur ist Axel Stinshoff, Köln. Zu den Redakteuren und freien Mitarbeitern gehören renommierte Autoren wie Christian Broecking, Götz Bühler, Ralf Dombrowski, Wolf Kampmann und Martin Laurentius und Fotografen wie Boris Breuer, Dominik Gigler, Anja Grabert, Arne Reimer und Lutz Voigtländer.
Die Beiboote
Jazz thing Next Generation
Mit der CD-Reihe „Jazz thing Next Generation“ gibt Jazz thing zusammen mit dem Kölner Label Double Moon Nachwuchs-Jazzmusikern aus dem deutschsprachigen Raum eine Plattform, ihre erste CD zu veröffentlichen. Musiker wie Sebastian Sternal, Frederik Köster, Benjamin Schäfer, Tim Allhoff, Cyminology, Charlotte Greve/Lisbeth Quartet, Max Frankl und Klaus Heidenreich erhielten hierdurch den vielleicht entscheidenden Karriereschub. Etliche Protagonisten haben sich inzwischen fest in der internationalen Szene etabliert, konnten Folge-CDs auf angesehenen Jazz-Labels wie ECM und Enja veröffentlichen und wurden mit Preisen wie dem ECHO Jazz ausgezeichnet. Die Reihe feiert dieses Jahr ihr 10-jähriges Bestehen und die 50. Veröffentlichung – mit der CD einer All-Star-Band unter dem Namen The BIG Jazz thing.
Aus der zunächst auf zwei oder drei Folgen angelegten Serie des Fotografen und Autoren Arne Reimer über Pioniere des US-Jazz wurde aufgrund der überwältigenden Leserresonanz eine 11-teilige Serie – und schließlich ein 2 Kilo schweres Buch, die erste Buchveröffentlichung des Jazz thing Verlags im Mai 2013. Die Artikel aus dem Magazin wurden hierfür komplett überarbeitet und mit vielen neuen Fotos versehen. Fünf Kapitel erscheinen exklusiv in diesem Buch. Nicht nur in Musikmagazinen, auch im Feuilleton von Publikationen wie der ZEIT, der WELT und der Neuen Zürcher Zeitung sowie in Sendungen bei WDR, hr, NDR und rbb wurde das Buch enthusiastisch gefeiert. Der Leiter des Jazzinstituts Darmstadt, Dr. Wolfram Knauer, fasst zusammen: „‚American Jazz Heroes‘ wird von der Presse gelobt wie lange kein deutsches Jazzbuch mehr, und das völlig zu Recht. Ein Buch, das man erst dann gern verschenkt, wenn man es selbst besitzt.“
Online-Präsenz
Seit 2000 ist Jazz thing mit einer Website vertreten – damit gehört das Magazin zu den Web-Pionieren des deutschen Jazz-Journalismus. Das Angebot wurde analog zu den sich jeweils neu bietenden technischen Möglichkeiten seither kontinuierlich erweitert, etwa um Web-Radio- und TV-Kanäle. Auch auf Facebook ist Jazz thing vertreten und hat dort über 3.300 Follower.
JazzTHING.TV
Unter dem Dach von putpat.tv hat Jazz thing einen IPTV-Kanal, der neben Künstlervideos auch eigene redaktionelle Inhalte wie Interviews und Live-Mitschnitte präsentiert.
Blue Rhythm
Zunächst als Supplement zum Heft vertrieben, ist Blue Rhythm heute integraler Teil von Jazz thing und erweitert das musikalische Spektrum um Weltmusikalisches von Blues und Roots bis zu modernen crosskulturellen Hybriden.